Endlich einmal sind sich politische Elite und Volkes Stimme in Deutschland wieder einig: Der Grieche kann nicht wirtschaften und braucht Führung von außen. Was bisher auch von kritischen Stimmen kaum einmal erwähnt wurde, ist die historische Parallele – womit hier nicht die Tragödie vom Frühjahr 1941 gemeint ist, als die nationalsozialistische Wehrmacht das Land besetzte und ein grausames Besatzungsregime folgte. Richten wir den Blick etwas weiter zurück:
Vor fast 200 Jahren, 1821, begann die griechische Revolution gegen die Besetzung durch das Osmanische Reich. Nach einigen Jahren des Kampfes entschied letztlich das militärische Eingreifen der europäischen Großmächte England, Frankreich und Russland auf Seiten der Griechen die Sache. Anfang 1830 wurde Kern-Griechenland unabhängig. Allerdings gab es in Griechenland mehrere einander bekämpfende Fraktionen. In dieser Zeit regte sich in Europa an einigen Stellen bürgerlich-republikanische Rebellion, und eine Republik Griechenland war alles andere als erwünscht bei den maßgeblichen Regenten. Außerdem war Griechenland mit der Unabhängigkeit sofort praktisch zahlungsunfähig aufgrund (nicht ganz freiwillig) eingegangener Kreditverpflichtungen gegenüber den Großmächten und steckte in den folgenden Jahrzehnten in einer finanziellen Dauerkrise.
Die damalige Europäische Kommission, das waren die Adelshäuser der Hannovers, Habsburger, Hohenzollern und Romanows. Und sie sagten: Der Grieche kann nicht wirtschaften und braucht Führung von außen. Sie hielten sich aber nicht lange damit auf, eine „Troika“ zusammenzustellen, sondern ernannten den gerade beschäftigungslosen bayerischen Prinzen Otto I. kurzerhand zum König von Griechenland. Ausgestattet mit einer großen Schar bayerischer Beamter und mehreren tausend Soldaten und getragen von einer „hellenophilen“ Welle im mitteleuropäischen Bürgertum zog er 1832 pompös in der damaligen Hauptstadt Nafplio ein.
In den folgenden Jahren errichtete Otto I. eine absolutistische Kolonialherrschaft und brachte den Griechen die „Zivilisation“, indem die Revolutionäre („Banden“) bekämpft wurden und die deutsche Bürokratie sich ausbreitete. In Griechenland wurde diese Zeit später als die „Vavarokratia“ (Bayernherrschaft) bezeichnet. Eine teilweise Umschuldung der Kreditverpflichtungen machte Bayern zu einem der Hauptgläubiger Griechenlands.
Kaum zogen die bayerischen Söldnerheere 1843 ab, kam es zum Aufstand gegen den diplomatisch nicht besonders begabten König. Die meisten bayerischen Beamten mussten aus Griechenland fliehen, widerwillig wurde eine konstitutionelle Monarchie mit wechselnden Ministerpräsidenten eingeführt. Diese zog sich noch etwa zwanzig Jahre hin, bis 1862 schließlich ein weiterer Aufstand die Vavarokratia ein für allemal – so schien es – beendete. Die letzten fünf Jahre seines Lebens verbrachte König Otto im Exil in Bamberg, wo er seine Bediensteten griechische Trachten tragen ließ.
Hundertfünfzig Jahre später schickt sich die Vavarokratia an zur zweiten Runde. Oder was meint ihr, wie lange es noch dauernd wird, bis „Troika“ und Europäische Kommission erklären, Griechenland könne sich aus eigener Kraft nicht helfen und benötige Führung von außen? Hoffen wir, dass es diesmal nicht wieder viele Jahre dauert, bis der wohlgesetzte Tritt in den Hintern der Vavarokraten erfolgt.