Big Brother ist auch nur ein Mensch

Ist das Spitzelwesen in der Krise? Der Fall Mark Kennedy und das Buch des „Ex-Agenten“ Leo Martin deuten darauf hin.

Wenn verdeckte ErmittlerInnen in der linken Szene auffliegen, ist das für die Betroffenen ein Schock. Doch immer wieder kommt es vor, dass sich Spitzel in ihrer Tarnidentität so wohl fühlen, dass sie aus dem Ruder laufen. Dann beginnt auch für die Behörden der Ärger, so bei Mark Kennedy, dem britischen Ermittler in den europäischen Globalisierungsprotesten. Sein Fall könnte darauf hindeuten, dass die Entpolitisierung der Sicherheitspolitik auch zu Loyalitätsproblemen bei Spitzeln führt. Anzeichen für eine „Vertrauenskrise“ des V-Leute-Wesens gibt es auch in Deutschland.

Am 21. Oktober 2010 wurde auf indymedia.uk ein verdeckter Ermittler der britischen Polizei namens Mark Kennedy enttarnt. Weiterlesen

Autonome in Bewegung

Im Juni 2003 erschien im Verlag Assoziation A das Buch „Autonome in Bewegung – aus den ersten 23 Jahren“, in dem wir (fünf 80er-Bewegungsveteranen aus Berlin) unsere Version der autonomen Bewegungsgeschichte vorgestellt haben. Verbunden damit war die Hoffnung, dass andere Leute ihre davon verschiedenen Geschichten auch darstellen, was leider nur teilweise geschah. Das Buch wurde in den vergangenen Jahren mehrfach neu aufgelegt, ist aber momentan fast vergriffen. Weiterlesen

Ein humanistischer Prophet: Stanislaw Lem

Stanislaw Lem, polnischer Schriftsteller, am 27. März 2006 als 84jähriger gestorben, einer der wenigen wirklich großen Helden meiner Jugend Anfang der 1980er Jahre.

Lem war ein Schriftsteller und Philosoph, aber er war vor allem ein Seher – oder besser ein „Spürer“, denn er sagte von sich selbst, dass er seine Geschichten nicht sah, sondern mit den Händen erspürte. Er hatte das Gespür für das Morgen, das im Heute mehr oder weniger verborgen liegt. Weiterlesen

Brasilien im Jahr Eins

„Muito obrigado e até a vitória se Deus quiser!“

Mit diesem Satz beendete Brasiliens neuer Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva seinen öffentlichen Auftritt auf dem Weltsozialforum in Porto Alegre 2003. Und in diesem kurzen Satz wird auch schon das grosse Dilemma der Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) deutlich. Denn Lula ist von vielen sehr verschiedenen Schichten gewählt worden, denen er es jetzt recht machen muss: Sein artiges „vielen Dank“ (muito obrigado) gilt der Schicht junger, fortschrittlicher Kapitalisten. „Bis zum Sieg!“ (até a vitória) ruft er kämpferisch den Linken zu. Und „so Gott will“ (se Deus quiser) schliesslich ist seine Verbeugung vor der brasilianischen Religiösität und vor den wichtigen Bündnispartnern aus dem bürgerlich-evangelikanen Lager um den Vize-Präsidenten Alencar. Weiterlesen

ESF 2002: Weiter, weiter!

Das Europäische Sozialforum in Florenz: Eine erste Bilanz

Das einfachste zuerst, da sich darin nahezu alle einig sind, die über das ESF in Florenz berichten: Das ESF hatte kein Ergebnis, das sich in einer einheitlichen politischen Perspektive, in konkreten Schritten, in Formen der Organisierung oder Institutionalisierung ausdrücken ließe. Was das für die Globalisierungsbewegung, die außerparlamentarischen oder auch die revolutionären Strömungen in Europa bedeutet, wird je nach Blickwinkel aber verschieden beurteilt werden. Weiterlesen

Medien und Ohnmacht

Nicht, daß ich etwas gegen Kassandra-Rufe hätte. Ich rufe selbst gern in den Wald hinein. Vor fünf Jahren wagte ich in einem Text zu „Neuen Medien“ die Prognose, es werde noch zehn bis fünfzehn Jahre dauern, bis diese Medien vollends ihre Funktion im Rahmen von Kapital und Herrschaft erfüllen könnten, von den anarchischen Räumen des Internet und den gepriesenen Chancen direkter Beteiligung werde dann kaum etwas übrig geblieben sein. Damit verbunden war die Erwartung, daß es in den kommenden Jahren stetig bergab gehen werde mit den Möglichkeiten neuer Medien für linke, emanzipative Ideen. Wie schon so oft hat sich die Wirklichkeit als störrischer und widersprüchlicher erwiesen als die Prognose. Das hat vor allem zwei Hintergründe. Weiterlesen